Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Gastbeitrag von Joachim Diercks vom Recrutainment Blog.
Ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt, ist „Berufsorientierung“. Das Finden des passenden Berufs beim passenden Unternehmen steigert nicht nur die persönliche Zufriedenheit, sondern darin liegt auch einer der Schlüssel zur Bewältigung des Arbeitskräftemangels. Je besser es passt, desto leistungswilliger und -fähiger wird jemand in der Tätigkeit sein, vor allem aber steigt dadurch auch die Verweildauer – im HR-Sprech „Retention“.
Bessere Orientierung nimmt also Druck vom Recruiting.
Gegenwärtig wird wieder viel über Virtual Reality bzw. das „Metaverse“ gesprochen, sicherlich erneut befeuert dadurch, dass Apple mit der Vision Pro kürzlich eine in vielerlei Hinsicht beeindruckende Datenbrille vorgestellt hat. Allerdings muss man auch nüchtern konstatieren, dass das Thema trotz aller formulierten Visionen seinen Durchbruch, seinen „iPhone Moment“, noch nicht hatte. Die Hardware wird von vielen noch als zu kompliziert und sperrig betrachtet und auch an realen Einsatzszenarien mangelt es. Noch.
Eine aus meiner Sicht sehr sinnvolle Verwendungsform von Metaverse-Applikationen im HR-Kontext könnte in der Berufsorientierung liegen, ermöglichen doch solche virtuellen Welten sehr immersive Einblicke in Berufsrealitäten und Tätigkeiten. Nicht nur, dass Interessierte darüber Einblicke erhalten können, wann immer sie wollen (24/7) und (von) wo immer sie wollen, sondern es können darüber auch Einblicke gewährt werden, die man ansonsten so gar nicht ohne weiteres erhalten kann.
Definition von Gamification
In dem Buch Recrutainment habe ich das so beschrieben:
>> Für alle Herausforderungen, die sich für Arbeitgeber daraus ergeben, potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern berufliche Realitäten möglichst transparent und realistisch zu vermitteln, z.B. zu Zwecken der Berufsorientierung oder im Sinne des (…) Self-Assessments, bietet das Metaversum nahezu unlimitierte Möglichkeiten: Virtuelle Rundgänge, Praktika, Übungen, Simulationen, Missionen, all das kann in multisensualer und immersiver Form bereitgestellt werden; ein wahrhaft Realistic Job Preview.
Im Rahmen der Fremdauswahl, also der Personalauswahl durch das rekrutierende Unternehmen, bietet das Metaversum die Möglichkeit, beobachtungsbasierte Beurteilungsverfahren, z. B. solche, die heute oft in Auswahltagen und Assessment-Centern gebündelt werden, virtuell durchzuführen. Kandidat und Assessoren treffen sich im Metaversum und dort werden Gruppendiskussionen, Rollenspiele, Interviews und Tests durchgeführt. Im Gegensatz zu heutigen Formen der virtuellen Diagnostik ist es hierbei jedoch möglich, quasi real an Problemstellungen zu arbeiten. Man kann also etwa auch Geschicklichkeit bei der Verrichtung handwerklicher Tätigkeiten direkt überprüfen, indem man einer Kandidatin z. B. einen Werkzeugkasten bereitstellt, aus dem diese sich den passenden Schraubendreher nehmen und die richtige Schraube in das richtige Gewinde drehen muss oder (…) ein Bauteil in einem dreidimensionalen Bauplan „bewegt“.
Doch nicht nur das. Da das Metaversum keine physikalischen Limitierungen hat, können auch Arbeitsproben abgenommen werden, die in der realen Welt zu teuer, zu aufwendig oder zu gefährlich wären: Die Azubi-Bewerberin für eine Ausbildung zur Windenergietechnikerin auf ein 280 Meter hohes Windrad mitten in der Nordsee stellen und sie bitten, eine Schraube festzudrehen? Im Metaversum geht das. <<
Beispiele für Gamification
Verschiedene Beispiele, die in diese Richtung gehen:
Beispiel 1:
Der Campus Schule-Wirtschaft der Region Rottweil, eine gemeinnützige eingetragene Genossenschaft, deren Ziel es ist, Kinder und Jugendliche an Themen der Arbeitswelt heranzuführen, bietet eine Plattform, die eine virtuelle Begegnung zwischen Unternehmen einerseits und (potenziell) interessierten jungen Menschen andererseits ermöglicht – jeweils vertreten durch eigene (und selbst gestaltete) Avatare, wie das im Metaverse halt so ist.
Dabei können Berufsinhalte sprichwörtlich zum Anfassen präsentiert werden, z. B. wenn an sogenannten Job-Simulatoren Werkstücke bearbeitet werden …
… und Aufgaben zu bearbeiten sind …
Beispiel 2:
In eine ähnliche Richtung geht eine Metaverse-Anwendung der Firma semiQuarz, eines weltweit führenden Herstellers von Quarzglasprodukten. Hier können virtuell Bereiche begangen werden, in die man „in echt“ so gar nicht unbedingt rein darf, was z. B. der Transparenz in Beruf auf Tätigkeiten im Unternehmen sehr förderlich sein kann. Und – und das ist das eigentlich Spannende an Metaverse-Anwendungen und wo diese auch deutlich über bekannte VR hinausgehen – man kann dort mit anderen Personen (vertreten durch ihre Avatare) in Echtzeit und real kommunizieren sowie „Dinge machen“. Also im hier vorliegenden Fall etwa Glas “heißbearbeiten”. Auch das wird man „in echt“ nicht so ohne weiteres irgendwo ausprobieren können.
Auch hier gilt also: Transparenz = Realistic Job Preview.
Wer sich dies einmal näher anschauen will, der findet im Recrutainment Blog ein entsprechendes Video oder der kann sich für die #HREdge24 am 07.03. in Hamburg anmelden, wo man dies sogar selber einmal live ausprobieren kann.
Beispiel 3:
Noch einen Schritt weiter geht das Unternehmen Roblox.
Roblox ist eine sehr bekannte Plattform, auf der man Spiele spielen kann und auf der dritte Spieleentwickler Spiele bereitstellen können, die Roblox-User dann spielen können.
Das geht über alle möglichen Zugangsformen – in Windows, MacOS, iOS, Android, über die X-Box oder Playstation usw. Eine Variante, mit der man Roblox, bzw. einige der darauf zu findenden Spiele, nutzen kann, ist Virtual Reality, z. B. über Oculus Rift oder Meta Quest. Da man hierbei die Inhalte nicht nur ansehen und „begehen“ kann, sondern auch darin mit anderen Usern interagieren kann, kann man hierbei auch von einem „Metaverse“ sprechen.
Und Roblox nutzt die eigene Plattform, um darüber – quasi in einem eigenen Metaverse – zu rekrutieren: Im Roblox Career Center.
Dort kann man sich virtuell ansehen, wie es bei Roblox aussieht und wie es ist, dort zu arbeiten. Man kann sich dort mit Recruiter:innen des Unternehmens austauschen, kann an Live-Events teilnehmen sowie sich auf die Bewerbung und das Interview bei Roblox vorbereiten.
Und: Man kann sich direkt über die Plattform bewerben, darin das sogenannte „Problem-Solving Assessment“ absolvieren und quasi im Metaverse das Job-Interview absolvieren.
Wer sich das einmal näher anschauen möchte, für den habe ich dazu im Recrutainment Blog ein entsprechendes Video bereitgestellt.
Fazit
Man erahnt an diesen Beispielen, welche Möglichkeiten Metaverse-Applikationen (auch) für die Personalarbeit und insbesondere die Personalgewinnung bieten kann. Wenngleich zur Wahrheit natürlich gehört, dass diese Technologien ihren Durchbruch am Massenmarkt noch nicht hatten, sollte man sich damit durchaus beschäftigen. Auch das „mobile Internet“ wurde schon fast ein Jahrzehnt als das nächste „große Ding“ bezeichnet, bevor es sich dann durch das erste iPhone 2007 in der Breite durchzusetzen begann.
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